2,4 Prozent der Deutschen haben hart für einen Doktortitel gearbeitet und dürfen sich zur “geistigen Elite” zählen. Allerdings ist der Doktortitel keineswegs immer die beste Entscheidung für jeden Studenten, denn die Chancen auf einen Job können im schlimmsten Fall sogar verschlechtert werden. Die Entscheidung zur Promotion sollte demnach nicht leichtfertig getroffen werden, sondern gut überlegt sein.
Auf das Fach kommt es an
Über den Nutzen einer Promotion kann schon das gewählte Studienfach einige Aussagen treffen. Ziel einer Doktorarbeit ist es immerhin, einem bestimmten Thema auf den Grund zu gehen, das bisher noch niemand in dieser Weise erforscht hat. Im Fall der Wirtschaftswissenschaften stellen sich viele Experten daher die Frage, welche Themen überhaupt noch erforscht werden müssen und ob diese wirklich Sinn für eine Doktorarbeit machen. Besonders in diesem Bereich ist der Praxisbezug der Arbeit von großer Relevanz für den beruflichen Werdegang des Promovierenden. Die meisten Personaler wollen keine realitätsfernen Theoretiker. Vor allem in mittelständischen Unternehmen und solchen, die nicht forschungsbezogen sind, werden tatkräftige Mitarbeiter gesucht. Zwar legen einige Großkonzerne noch Wert auf einen Doktortitel, doch sitzen in den Chefetagen auch viele Vertreter, die diesen nicht vorzeigen können. Auch bei den Ingenieurs-, Geistes- und Sozialwissenschaftlern sind Arbeits- und Auslandserfahrung viel angesehener als ein Doktortitel. Anders sieht es in den klassischen Naturwissenschaften aus: Eine Promotion lohnt sich in diesen Fächern immer noch.
Ablehnungsgrund Promotion
Es überrascht dich vielleicht, doch in manchen Fällen kann eine Promotion sogar zur Ablehnung eines Bewerbers führen. Das lässt sich vor allem bei promovierten Geistes- und Sozialwissenschaftlern beobachten. Im Marketing gelten Doktoranden zum Beispiel als zu theoretisch und überqualifiziert für einen Job. Wer mit seiner Dissertation auf eine Berufsperspektive an der Uni hofft, muss sich ebenfalls auf Ernüchterung einstellen: Das Stellenangebot ist sehr gering und es bewerben sich zugleich immer mehr Akademiker auf die freien Arbeitsplätze.
Entscheidungshilfe
Die Hürde zur Zulassung zur Dissertation ist nirgendwo so klein wie in Deutschland. In den USA müssen sich angehende Dokotoranden an einer speziellen Graduate School bewerben. Sie durchlaufen viele Tests und Bewerbungsgespräche, in denen ihre Eignung ermittelt wird. In Deutschland wird die Interessen- und Begabtenfrage eines Bewerbers längst nicht so gut hinterfragt, denn es reicht schon, wenn der Doktorvater von dir überzeugt ist.
Mit folgenden Sachverhalten solltest du dich also ernsthaft auseinander setzen, wenn du dich für oder gegen die Promotion entscheidest:
Frage dich, ob du wirklich ernsthaftes Interesse für das Thema hast, denn du wirst dich über einen langen Zeitraum damit befassen und das kostet Zeit und Nerven.
Informiere dich darüber, ob das Thema für deine beruflichen Ziele und den Arbeitsmarkt relevant ist.
Sei dir darüber im Klaren, dass die Dissertation circa 60.000 Euro kostet, da du im normalen Berufsleben schon viel mehr Geld verdient hättest. Zwar bekommen Träger eines Doktortitels meist mehr Geld, doch wie viel das im Endeffekt ist, hängt wieder stark von deiner Studienrichtung ab. Somit lohnt sich der Titel meist erst mittel- oder langfristig.
Rufe dir immer wieder ins Gedächtnis, dass du dich mit der Dissertation für ein echtes Mammutprojekt entscheidest. In Deutschland werden 2 von 3 Promotionen abgebrochen.
Mache dir bewusst, dass ein Doktortitel für deinen Traumjob auch hinderlich sein kann.
Überlege dir Alternativen: In den Wirtschaftswissenschaften bringt dich Praxiserfahrung vielleicht viel weiter. Geistes- und Ingenieurswissenschaftler sollten über einen MBA (Master Business Administration) nachdenken, der das wirtschaftliche Verständnis vertieft.
Fazit
Wenn du kein Naturwissenschaftler bist, kann die Promotion mitunter mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen. Allgemein gültige Entscheidungshilfen lassen sich schwer formulieren, denn der Sinn der Dissertation hängt zum Großteil von der Wahl des Themas und der Begeisterung des Verfassers ab. Es ist also ratsam, dass du dich unvoreingenommen mit dem Thema auseinander setzt und vor allem eines bist: ehrlich zu dir selbst. Der Wunsch, noch ein paar Jahre länger in der Uni bleiben zu können, sollte nicht das ausschlaggebende Argument für deine Dissertation sein.