“Warum gerade Sie?“ – Eine gar nicht so ungewöhnliche Frage bei einem Bewerbungsgespräch und auf einmal sitzt man da, spürt die Blicke der Personaler auf sich und läuft im schlimmsten Fall auch noch rot an. Das Hirn rotiert auf der Suche nach einer Antwort, kreist aber immer wieder nur um Fragen wie: Warum habe ich mich auf diese Frage nicht vorbereitet? Oder: Was wollen die jetzt eigentlich hören?
Schließlich stammelt der Bewerber zusammenhanglos etwas von seinen Stärken und hat die Kommission damit alles andere als überzeugt. Keine gute Situation, sagen Personalchefs, denn etwas Schlagfertigkeit - gerade bei Fragen, die den Bewerber herausfordern ist auf jeden Fall gern gesehen. Dabei geht es nicht darum, den anderen einfach durch Vehemenz zu übertrumpfen, sondern ihn beispielsweise mit einer kreativen Antwort zu überraschen.
Schritt für Schritt zur Schlagfertigkeit
Manche Leute haben die Schlagfertigkeit offenbar mit dem Babybrei zu sich genommen. Ob beruflich oder privat - ihnen liegt einfach immer die richtige Antwort auf den Lippen. Mal lustig, mal interessant, mal wagemutig. Aber irgendwie kommt es immer gut an. Klar, wer von Natur aus schlagfertig ist, der hat natürlich Glück gehabt. Aber das ist für die, die mit der Schlagfertigkeit noch auf Kriegsfuß stehen kein Grund zu verzweifeln. Schlagfertigkeit kann man sich von denen, die es können, abgucken. Und teilweise kann man Schlagfertigkeit eben auch erlernen. Mit ein paar einfachen Schritten kann man einen Teil der Unsicherheit ablegen und automatisch etwas schlagfertiger und selbstsicherer werden.
Ein bisschen weniger nett, bitte…
Klingt nach einer merkwürdigen Forderung, aber tatsächlich versäumen viele Menschen schlagfertige Situationen dadurch, dass sie einfach immer versuchen, nett zu sein. Gerade Frauen neigen dazu, Kritik und Angriffe im Büro sogar noch mit einem Lächeln zu quittieren – nur um sich keine Feinde zu machen und ihre Unsicherheit zu verbergen. Im Berufsalltag herrscht Konkurrenz, das muss man sich bewusst machen. Gleiches gilt für das Bewerbungsgespräch. Auch hier steht man in Konkurrenz zu Bewerbern, die vor Selbstsicherheit und Schlagfertigkeit nur so strotzen. Wer immer nur nett lächelt, erscheint schnell als eine Person, die ihre eigenen Interessen nicht vertreten kann oder sogar gar keine eigenen Interessen hat. Mal muss man seinen Standpunkt lautstark vertreten, mal tut es auch ein diplomatisches Gespräch. Wichtig ist, ein Gespür dafür zu bekommen, in welchen Situationen man wie reagieren sollte und individuell zu reagieren. Eine pauschale Nettigkeit kommt nämlich auch beim Gegenüber nicht gut an, wenn er erkennt, dass sie völlig ungerichtet ist.
Das Selbstbewusstsein stärken
Schlagfertigkeit entspringt auf selbstbewusstem Boden. Wer sich nichts zutraut, traut sich auch keine gewagten Antworten zu. Daher ist es wichtig, das eigene Selbstbewusstsein zu stärken, wenn man schlagfertiger werden will. Dazu gehört beispielsweise, dass man sich seine Stärken bewusst macht. Dies ist ohnehin eine wichtige Frage, mit der man sich auch vor dem Bewerbungsgespräch auseinandersetzen sollte. Denn wenn man sich über die eigenen Qualitäten im Klaren ist und sie sich zuvor noch einmal in Erinnerung gerufen hat, dann kann man auch auf die Frage „Warum gerade Sie?“ adäquat reagieren. Wenn es einem schwerfällt, die eigenen Stärken zu ergründen, ist es hilfreich ein paar gute Freunde nach ihrer Einschätzung zu befragen. Es ist vermutlich überraschend, von welchen Stärken man dann erfährt. Denn oft erkennt man seine eigenen Vorzüge gar nicht, weil man sie für selbstverständlich hält. Wichtig ist dabei auch, dass man sich nicht vor Lob versteckt – analog dazu gilt, dass man sich im Bewerbungsgespräch nicht schämen sollte, seine Qualitäten aufzuzählen. Man ist schließlich da, weil man sich für einen geeigneten Kandidaten für die ausgeschriebene Stelle hält.
Andersherum sollte man sich von Kritik nicht völlig aus dem Konzept bringen lassen. Jeder hat kleine Schwächen und jedem Recht machen kann man es ohnehin nicht. Daher sollte man Kritik immer zum Positiven wenden, indem man sie annimmt und konstruktiv damit umgeht, sie als Ansporn nimmt, sich zu verbessern.
Techniken zur Schlagfertigkeit
Wenn man den Anspruch, immer nett und nachgiebig zu sein, zurückgeschraubt und das eigene Selbstbewusstsein aufgebaut hat, kann man sich mit speziellen Techniken zur Schlagfertigkeit auseinandersetzen. Tipps und Tricks dazu findet man im Internet und in der Fachliteratur. Man unterscheidet zwischen Harten Schlagfertigkeitstechniken und Weichen Schlagfertigkeitstechniken.
Die harten Schlagfertigkeitstechniken beinhalten beispielsweise die Retourkutsche. Bei der Retourkutsche zahlt man sozusagen Gleiches mit Gleichem heim. Die Reaktion ist auf Grund eines vorherigen Angriffs zu erwarten. Die Retourkutsche eignet sich beispielsweise, wenn man persönlich beleidigt oder lächerlich gemacht wird. Der Konter wird aufgenommen und wörtlich an denjenigen zurückgegeben, der sich auf die eigenen Kosten profilieren wollte. Damit lässt man sich durch Angriffe nicht in die Ecke drängen, sondern behauptet die eigene starke Position.
Eine weitere harte Technik ist die Besser-als-Technik. Diese ist ebenfalls bei Angriffen anzuwenden, fängt diesen ab und lässt am Ende den Angreifer als den schwächeren Part dastehen. Man wiederholt einfach den Angriff mit einem vorangestellten „Besser…“ und vollendet diesen dann mit einem „als…“ und einem Konter in Richtung desjenigen, der versucht hat, einen bloßzustellen.
Bei den harten Schlagfertigkeitstechniken ist man auf Konfrontation aus. Manchmal kann es eben besser sein – besonders für das Büroklima – klare Grenzen zu setzen, als immer unterschwellig Feindseligkeiten auszutauschen. In den anderen Fällen ist es oft ratsamer die weichen Schlagfertigkeitstechniken zu gebrauchen, um langwierige Konflikte zu vermeiden.
Eine davon ist die Komplimente-Technik. Für Komplimente ist eigentlich fast jeder anfällig – zumindest wenn die Komplimente glaubwürdig und authentisch klingen. Sie helfen oft, sich einen Weg durch das schwierige Betriebsklima zu bahnen. Und auch im Bewerbungsgespräch sollte man eine gewisse Bewunderung für das Unternehmen auf jeden Fall aussprechen. Allerdings kann man Komplimente auch auf ganz andere Weise nutzen, nämlich indem man sie gegen einen Angriff kehrt. Wenn arrogante Kollegen einem einen Vorwurf machen, nimmt man ihnen ganz schnell den Wind aus den Segeln, indem man ihnen ein Kompliment für ihre Beleidigung macht. Ironie lautet hier das Zauberwort. Und die signalisiert immer eine gewisse Überlegenheit. Allerdings sollte man immer daran denken, sparsam mit Ironie umzugehen, bzw. sie in dringenden Fällen einzusetzen, da sie durch ebendiesen Überlegenheitsgestus oft übel genommen wird.
Die Eingeständnis-Technik ist manchmal unvermeidbar, vor allem in stressigen Situationen und funktioniert nach dem Motto: Der Klügere gibt nach. Wenn man die Kritik annimmt, sich der Sicht des Kritikers anschließt und sogleich Besserung gelobt, wird man die Kette an Vorwürfen schnell unterbrechen. Schließlich hat der Beschuldigte es ja bereits eingesehen und nachzutreten wirkt auch nicht sehr erwachsen. Das bedeutet also, auch das Eingeständnis von Kritik kann oftmals Größe beweisen.
Letzte Vorbereitungen zur Schlagfertigkeit
Wer vor dem Bewerbungsgespräch oder dem ersten Arbeitstag in Nervosität verfällt, weil er Angst hat, nicht genügend Schlagfertigkeit mitzubringen, der kann sich darauf vorbereiten, indem er mit dem Partner oder guten Freunden ein wenig Schlagfertigkeit trainiert. In Diskussionen und Konfliktgesprächen kann man einmal bewusst darauf achten, ob man gleich den Kürzeren zieht oder sich auf ideenreiche Weise in das Gespräch einbringt. Und beim guten Bekannten ist es ja auch viel leichter einmal auszuprobieren, wie weit man mit seinen Antworten gehen kann. Wer den Personalchef beim Bewerbungsgespräch zum Lachen bringt, hat auf jeden Fall schon mal etwas richtig gemacht!